Hallo Sebastian, Leder, Leder, Leder, das ist dein Leben. Raus mit der Sprache, ab wann war klar das du ohne Leder nicht leben kannst?
Klar war mir schon von klein auf das ich etwas mit meinen Händen schaffen wollte! Den ersten Kontakt zum lederverarbeitenden Handwerk kam dann etwa im Alter von 12 Jahren als ich als kleiner Bengel begann in der Sattlerei gegenüber von meinem Elternhaus mein Taschengeld aufzubessern. Der Umgang mit diesem Naturmaterial fasziniert mich seit jeher. Jedoch verlor ich diese Faszination in meinen Jugendjahren wieder etwas aus den Augen und absolvierte eine Ausbildung als Maschinenschlosser und danach kam der Beginn eines Sportstudiums. Beides erfüllte mich jedoch nicht mit Zufriedenheit und ich beschloss zurück zum Lederhandwerk zu gehen, und zwar in jene Sattlerei meiner Kindheit. Nach Jahren des Lernens und Vertiefens der Kenntnisse war es dann soweit und ich gründete meine eigene Manufaktur. Seit 2015 fertigen ich und mein kleines Team nun handgemachte Ledergürtel, Portemonnaies und Taschen . Das Interessante an Leder ist das jede Haut anders ist, egal ob Shell Cordodovan, Alligator, Rind oder Büffel. Jede Haut hat ihre eigene Struktur und Haptik welche auch immer verschiedene Fertigungsmethoden erfordert.
Bonn, die alte Hauptstadt, etwas vergessen, kaum einer weiss etwas mehr über sie, die alte Dame südlich von Köln, beim Beethoven-Haus hört es bei den meisten auf. Was liebst du an deiner Heimatstadt, was inspiriert dich an ihr?
Früher hätte ich noch gesagt: Das Nachtleben! Heute mag ich die Abende nach der Arbeit, ein Bier im Biergarten “Blauen Affen“ den Kaffee bei Kurt Kaffeeröster vor der Arbeit, oder den Sonntag in Pennefeld Stadion beim Gameday bei den Bonn Gamecocks als Zuschauer nach meiner aktiven Zeit im Football. Es ist das satt-grüne Beueler Rheinufer mit den Möglichkeiten zum Verweilen und das nahegelegene Siebengebirge mit seinem über die Grenzen hinaus und vor allem unter Holländern bekannten Drachenfels, der zum Wandern einlädt. (Wurde früher auch der höchste Berg Hollands genannt, aufgrund der vielen Touristen aus Holland.) Also zusammengefasst ist es das Grüne, die Natur und das man sich einfach in Bonn kennt. Somit hat man an jeder Ecke einen Spot zum Auftanken.
Internationaler Handel, Fernost, ein wahrer Wust an Produkten, auch und vor allem Leder, überschwemmt den Markt. Oftmals mit ungesunden Mitreisenden. Auf was gilt es beim Kauf von Leder, auch für die von dir verarbeiteten sehr speziellen Leder wie Shell Cordovan, dem Pferdeleder, als Handwerker wie dir zu beachten?
Also erstmal möchte ich nichts aus Fernost verteufeln. Ich bin davon überzeugt das es auch dort lokal vor Ort gutes Handwerk gibt! Das Problem stellt sich jedoch nunmal wenn wir Produkte im Netz kaufen zu einem extrem günstigen Preis…..glaubt mir auch in Fernost hat Qualität seinen Preis! Die Frage ist was möchte ich und was ist mir wichtig … Wenn ich im Baumarkt einen „Fast Fashion“ Gürtel für 15 Euro kaufe und dieser „hält“ 2 Jahre ist dieser auch sicher „seinen Preis wert“ sprich „you get what you pay“ . Ich habe jedoch auch festgestellt das sich im höheren Preissegment auch „schwarze Schafe“ verstecken und man „zu viel“ für das Produkt bezahlt. Das „Branding“ steht im Vordergrund und es wird blind gekauft!!!
Also meine Empfehlung ist: Prüft das Produkt mit euren Sinnen, fasst es an, probiert es an, schaut es an … wie sind die Nähte, die Beschaffenheit. Egal ob Fernost oder Vor Ort!
Es gibt wie in allen Handwerks-Berufen spezielle Techniken, erklär mal dem Laien was es alles braucht bis ein Gürtel bei dir auf der Ladentheke landet.
Zunächst brauchen wir wirklich gutes Leder. Wir beziehen unseres aussschliesslich aus Deutschland Italien und den USA . Kurze Wege sind uns wichtig, jedoch ist Qualität höchste Priorität. Wir verwenden für unsere Gürtel ausschliesslich Leder welches aus dem Croupon(Rücken) der Haut geschnitten werden ,im Vergleich zu anderen Herstellern welche den günstigeren Hals des Rinds verarbeiten längt/zieht sich der Croupon kaum da die Faserdichte in diesem Teil der Haut wesentlich höher ist und auch die Haut selber dicker ist….somit erreichen wir Materialstärken von etwa 4,5mm im Vergleich zum Hals von meist max. 3,8mm. Nun haben wir das Leder welches dann in entsprechende Breiten von Hand geschnitten wird. Danach folgt der aufwendigste Teil das brechen der Schnittkanten , schleifen und versiegeln mit Naturleim. Nun werden noch die Kapplöcher geschlagen und der handgefertigte Ledergürtel wird mit einer massiven Messing, Edelstahl oder 925 Sterling Silber Schnalle von Hand vernäht. Fertig ist der handgemachte Gürtel.
Du bist seit vielen Jahren eine Konstante in der Szene rund um Heritage, feiner Style für Männer, Handschmeichler aus bestem Leder. Wo siehst du die Zukunft bei Produkten aus kleinen Manufakturen wie deiner? Was geht, was geht nicht und was ging noch nie?
Ich bin zunächst erstmal sehr dankbar das ich durch Geschäfte wie „Uwe van Afferden“ und „Kentaurus“ in der Szene Boden fassen konnte. Diese waren die ersten beiden Geschäfte welche die Qualität meiner Arbeit erkannten! Seit 2015 hat sich vieles geändert… Damals ging alles nocht etwas „gröber“ her. Das Leder konnte selbst für ein Portemonnaie nicht dick genug sein und das Nähgarn sollte fast dick wie Taue wirken. Wir haben uns in dieser Hinsicht weiter entwickelt … wir sind ästhetischer geworden und verwenden für unsere Portemonnaies zum Beispiel ein Garn welches harmonisch zum Produkt passt. Man muss sich halt mal klar machen, das die Naht eine Sollbruchstelle ist, welche sich reparieren lässt. Wenn die Naht stärker ist als das Material und dieses nachgibt lässt es sich nicht mehr reparieren.
Also zurück zum Thema… Wir möchten Produkte erschaffen und herstellen welche handwerklich perfekt gearbeitet sind, kräftig für den Heritage Liebhaber aber auch als Statement im Business Bereich wenn man mal etwas griffigeres möchte als „Mont Blanc“ und darüber hinaus noch made in Germany. Ich sehe uns aber auch andere Manufakturen genau in diesem Bereich! Ich würde es als eine Art Hybrid aus Rugged und Business Style bezeichnen. Sprich man kann eine Raw Denim mit Sakko und dicken Boots tragen oder derbe Chinos mit Shell Cordovan Gürtel, feinen Boots und entsprechenden Accessoires statt nur Anzug, und ist trotzdem entsprechend und ansprechend gekleidet.
Vielen Dank für deine Zeit.
Aus der Manufaktur von Sebastian kommt auch unser Wallet!
Bilder von Mathias Hohn
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